Die Idee kam nach dem Rennsteiglauf 2023 – die 74km waren geschafft, aber als nächstes Ziel die 100km anzugehen, da traute sie sich noch nicht so heran. Und dann stand da im Internet etwas vom Sachsentrail, drei Tage, drei Distanzen, und wer alle drei meistert, bekommt einen Pokal – das wäre doch mal was, dachten sich Sonja Beer. Mehrtagesläufe kamen bisher in ihrem Portfolio nicht vor, dafür zahlreiche Marathons. Die Herausforderung für 2024 stand also – Sachsentrail im Erzgebirge!
Ende Juni war es soweit – der Freitag startete mit dem Uphill Prolog, 3,5km den Berg hoch, knackige 300 Höhenmeter. „Nur nicht zu schnell angehen, nur nicht zu schnell angehen, du brauchst die Beine für den Samstag…“, – aber der Push der 200 Starter war zu groß. Gestartet wurde im Zehn-Sekunden-Takt, und sich da nicht den Berg hochjagen zu lassen, war zu schwer. 25:46 Minuten standen am Ende auf der Uhr und „das hat einen Heidenspaß gemacht!“
Samstag früh kam der „große Lauf“ – Beer und ihr Mann hatten sich für 77km und am Sonntag für 13km entschieden. Start war im Dauernieselregen um 07:00 Uhr, und die ersten Kilometer ging es durch matschige Wälder bis hin zu Grenzweg Tschechien-Deutschland. Ab elf Uhr riss der Himmel auf, und den Rest des Tages wurde es sonnig und warm – da konnte die Regenjacke dann auch weg!
Die Strecke führte in zahlreichen Kurven und Anstiegen bis hinauf auf den Fichtelberg bei Kilometer 35. Beer wechselte hier die nassen Socken, was sich als fataler Fehler herausstellen sollte – ahnte sie doch nichts von der „Schlammschlacht hinter dem Fichtelberg“! Die Bergabpassage war eine Hommage an Tough Mudder und ließ sie bis zum Knöchel im Schlamm versinken – schade, dass keine trockenen Socken mehr im Rucksack waren… „Die Blasen an den Füßen, die ich am Abend hatte, waren nicht von dieser Welt – Nässe und Sand haben da echt ganze Arbeit geleistet. Da habe ich für die nächsten langen Wettkämpfe noch einiges an Hausaufgaben zu machen, was die Fußpflege während so einem Lauf betriff“, zuckte Beer mit den Schultern.
Der Zieleinlauf kam nach 10:32:55 , mit deutlich schweren Beinen von den 2300 Höhenmetern, aber glücklich. Jetzt hieß es Carboloading, Fußpflege, duschen und ab ins Bettchen – schließlich war hier noch nicht Schluss!
Am Sonntag war der Start gemütlich um 11.00 – nochmal 12,5km rund um das Trailcenter Rabenberg, Funtrail nannte sich das der Spaß! Die Strecke war erneut profiliert und wellig, knapp 400 HM gab es noch einmal zu bewältigen. „Ich habe bei jedem Läufer, der mich überholt hat, auf die Startnummer geschaut – die goldenen sind bereits die beiden Tage vorher gelaufen, da war ich dann beruhigt, aber geärgert haben mich die weißen – das waren die Läufer, die „nur“ den Sonntag gelaufen und mit frischen Beinen an mir vorbeigehüpft sind!“ Der Wettkampfgedanke lässt sich eben auch mit 80km in den Beinen nicht ausschalten, und so kam Beer nach 1:23:40 ins Ziel, wo sie ihrem Mann weinend in die Arme fiel – „Da haben mich die Gefühle überwältigt. Es ist immer wieder faszinierend, was man leisten kann (und mein Training war alles andere als optimal!) und ich bin gespannt, wo meine Grenzen liegen!“
Schmankerl am Ende – Beer und ihr Mann wollten die 450km zügig nach Hause fahren und stiegen so vor der Siegerehrung ins Auto; nur um nach etwa einer Stunde eine Nachricht einer Bekannten zu erhalten „Du, ich glaub die haben da gerade deinen Namen gesagt!“ Beer war tatsächlich bei den Frauen, die die gleichen Distanzen wie sie absolviert hatten, auf den ersten Platz gekommen, mit einer saftigen Stunde Zeitabstand zur zweiten Frau. „Glücklicherweise war der Veranstalter nach dem Kontakt über Instagram so lieb und hat mir den Pokal per Post nach Hause geschickt – da hab ich mich schon sehr gefreut!“
Und was ist das nächste Ziel? Titelverteidigung? „Nein, im nächsten Jahr sind unsere Kinder an diesem Wochenende da, da klappt das nicht. Ich denke, das nächste Ziel sind 100km – aber wann und wo, das wissen wir noch nicht…“
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